Mitglied im Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement

Logo BBE - Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement

Datenfreiheit

Der Zeitmaschinennavigator „Phila“ berichtet aus dem Jahr 2119
www.philipp-sonntag.de

Das chinesische Modell einer totalen Erfassung der Daten aus den verschiedenen Lebensbereichen jedes Bürgers hatte weltweit überzeugt. 2119 hatten die VM längst die VN abgelöst: Die Grenzen zwischen Menschen war die genüsslich nackte Haut. Die Grenzen zwischen national-paragrafisch-paraphierenden Staaten waren verschwunden. (Fast) alle Politiker und Wissenschaftler bemerkten endlich mal, wie man umweltschonend alles, was der Mensch wirklich brauchte, im Überfluss herstellen und verteilen konnte.

Daten im Fingernagel-Chip von jedem zeigen 2119 längst Gesundheit und Krankheit, Arbeitsstelle und schwarzer Markt, Hoffnungen und Ängste. Negatives, „Verdächtiges“ wurde belanglos. Als Statussymbole galten musische, erotische, phantastische und locker auch fehlende Vorlieben. Toleranz war fest etabliert. Das alles wurde nur möglich, nachdem seit der Umstellung nur noch die Innenminister und deren Behörden überwacht wurden! Danach hatte kein Mensch mehr die Idee, irgendetwas von sich zu verbergen. Prompt wollte alsbald in keinem Amt noch irgendjemand etwas mit Datenmissbrauch zu tun haben. Wozu auch?

Hohe Gewaltsteuern musste jede Zeitschrift, jeder Internet-Chat, überhaupt jeder bezahlen, der über Terror berichtete, jeder der auch nur einen Revolver in einem TV-Krimi zeigte. Terror war nur noch peinlich und „lohnte“ alsbald nicht mehr, Terroristen brachten in schierer Verzweiflung ihre Anführer um, das wirkte als brauchbare Therapie. Danach war Ruhe. Terror-Clans gab es bald nicht mal mehr in Comics. Bordelle waren durch „Sensualien-Paradiese“ (frei nach Christoph Joseph Ahlers: „Himmel auf Erden und Hölle im Kopf, S. 151) abgelöst worden, die von der Basis ehrenamtlich gepflegt wurden. Jede, jeder, jedes zahlte ein paar Euro am Eingang – und dann nichts mehr. Niemand kam mit einer ansteckenden Krankheit hinein – solche gab es sowieso immer weniger. Für schüchterne Geilheit gabe es künstlerisch gestaltete Dark-Rooms, für genüssliche Orgien große Matrazen, man wollte sehen und gesehen werden.

Niemand konnte sich „widerlich“ (für sich und andere) entwickeln, denn in der breiten Entspannung gab es Stress nur noch in geringer Dosis: Fußball hatte die Kriege ersetzt, Solitaire die Drogen, soziale Marktwirtschaft die asoziale. Das wurde möglich, nachdem Wohlstand für alle offensichtlich leicht erreichbar geworden war, indem das wilde Gegeneinander durch ein konstruktives Miteinander abgelöst wurde. Der Wert von Geld war unter (!) Null abgestürzt, es war unnötig geworden und so nur noch peinlich. Jeder weltweit, jung wie alt, gab und bekam „reichlich Streicheleinheiten“.

Was geholfen hatte waren die Kontakte zu Aliens, deren Zivilisationen teils weit über eine Million Jahre weit entwickelt waren. Regierungen hatten versucht, UFOs zu verschleiern. Als das nicht mehr gelang, geriet niemand in Panik – außer den Regierungen. Die fürsorglichen Aliens mochten Kafka und verstanden mit ihm spontan, in welcher Vorstufe von Zivilisation der Mensch steckengeblieben war.

Zurück