Editorial 50
Aufbruch der Region?
Region und Heimat – noch vor nicht allzu langer Zeit klangen diese Begriffe irgendwie altmodisch, gerade so als beabsichtige jemand im Zeitalter der Moderne, das Rad der Geschichte zurückzudrehen in Richtung Volkstümelei und Kleinstaaterei. Doch das Gegenteil scheint der Fall zu sein: Angesichts der alle Winkel unserer Lebenswelt durchdringenden Globalisierung steht „Region“ mehr und mehr für den Anspruch auf eine vertraute und überschaubare Welt – auf einen Lebensmittelpunkt, den wir Menschen in dieser „namenlos zerrissenen Zeit“ offenbar dringend benötigen.
Die Region als Bezugspunkt menschlichen Lebens, Arbeitens und Wirtschaftens ist längst kein Randthema mehr, sondern avanciert zu einem zentralen Thema der politischen Auseinandersetzung um gesellschaftliche Zukunftsstrategien. Regionen profilieren sich im weltweiten Wettbewerb um Bürger, Investitionen und bessere Lebensbedingungen.
Trotz (oder gerade wegen?) des unaufhaltsam scheinenden Trends zur Vereinheitlichung im Weltmaßstab entstehen auf der dezentralen Ebene immer wieder neue Innovationen – und tragen damit zu einer lokalen und regionalen Vielfalt bei, die neue Lebensräume und neue Wege ermöglicht. Ob regionale Produkte, regionale Wirtschaftskreisläufe oder regionale Währungen: der „Aufbruch der Regionen“ ist unübersehbar – und nicht wenige Bürgerinnen und Bürger erblicken in ihm eine Chance, ihre Zukunft (wieder) in die eigenen Hände zu nehmen.
Bürger besinnen sich auf ihre Verantwortung für das Gemeinwesen und wollen die Gestaltung ihrer unmittelbaren Lebenswelt nicht mehr allein der Allmacht der Partei- und Verwaltungsapparate überlassen. Neue Verfahren der Bürgerbeteiligung sind im Aufwind. In unserer Rubrik forum bürgerbewegung wird eines dieser Verfahren – das Beteiligungsmodell Bürgerhaushalt – erläutert und zur Nachahmung empfohlen.
Vor diesem Hintergrund war es keineswegs zufällig, dass die INITIATIVE ZUKUNFT im April dieses Jahres ein Forum zur „Zukunft der Region“ veranstaltete, bei dem die Chancen und Risiken eines neuen „regionalen Aufbruchs“ im Mittelpunkt standen. Die wichtigsten Impulse dieser Tagung finden Sie im Schwerpunkt dieser ZUKÜNFTE-Ausgabe wieder.
Wir hoffen, unseren Leserinnen und Lesern mit dieser fünfzigsten (!) Ausgabe der ZUKÜNFTE ein weiteres Mal aufschlussreiche Einblicke in die Welt der Zukunftsforschung und Zukunftsgestaltung geben zu können. Wenn Sie möchten, dass dies auch künftig so bleibt – wenn Sie also etwas für die Zukunft der ZUKÜNFTE tun wollen –, dann steht es Ihnen frei, auf das nebenstehende Spendenkonto einzuzahlen. Oder ein Abo abzuschließen (falls Sie tatsächlich noch keines haben sollten).
Zum guten Schluss noch ein Hinweis auf die nächste Ausgabe der ZUKÜNFTE: Sie wird im November erscheinen und das Thema „Zukunft der Gesundheit im Alltag“ zum Schwerpunkt haben.
Erhard O. Müller (verantwortl. Redakteur)